Die Städte halten eine gesamtgesellschaftliche Debatte über die Stärkung der Demokratie und des gesellschaftlichen Zusammenhalts für dringend erforderlich. Das geht aus einer Resolution des Deutschen Städtetages hervor. Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker aus rund 80 Städten verabschiedeten das Papier gestern in Berlin.
Der Präsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Burkhard Jung aus Leipzig, sagt dazu:
"Unsere Demokratie und die damit verbundenen Werte des Grundgesetzes sind die bedeutendsten Errungenschaften der Bundesrepublik Deutschland. Demokratische Werte zu leben und immer wieder zu beleben, ist ein stetiger Prozess. Die Debatte über Demokratie und Toleranz, über Respekt und Anstand und das gesellschaftliche Miteinander muss von Bund, Ländern, Kommunen und allen gesellschaftlichen Institutionen aufgegriffen werden. Die deutschen Städte stellen sich dieser Verantwortung.
Für Menschenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus darf es kein Verständnis und keine Rechtfertigung geben. Toleranz, Demokratie und Menschenwürde müssen als zentrale Werte des Gemeinwesens gestärkt werden. Demokratie braucht Auseinandersetzung. Debatte und Diskussionen müssen mit Respekt vor dem Gegenüber geführt werden.
Die Städte sehen deshalb mit Sorge, dass Sprache und Stil von politischen Auseinandersetzungen zunehmend verrohen und rücksichtsloser und gewaltbereiter werden. Drohungen, Beleidigungen, Hass im Internet und rechtsextreme Gewalt dürfen nicht toleriert, sondern müssen stärker bekämpft werden. Die Städte unterstützen deshalb das von der Bundesregierung beschlossene Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Gewalt und Hetze müssen im Netz wie in der Gesellschaft geächtet und mit Nachdruck verfolgt werden.
Gleichzeitig sind Projekte zu Gewaltprävention, zur Stärkung der Demokratie oder Beratungsangebote unverzichtbar und müssen von Bund und Ländern ausreichend finanziell unterstützt werden. Erfolgreiche Programme wie 'Demokratie leben' müssen ausgebaut und nachhaltig finanziert werden. Denn wirksame Maßnahmen und Strategien gegen Extremismus und menschenfeindliche Tendenzen benötigen langfristiges Engagement. Es braucht gemeinsame Strategien von Bund, Ländern, Kommunen, Stiftungen, Kirchen und Religionsgemeinschaften, Verbänden und gesellschaftlichen Gruppen."
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Die Resolution:
http://www.staedtetag.de/imperia/md/content/dst/2019/resolution_demokratie_toleranz_14_11_2019.pdf
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Für Demokratie, Toleranz und Menschenwürde
Resolution des Deutschen Städtetages
verabschiedet vom Hauptausschuss des Deutschen Städtetagesin seiner Sitzung am 14. November 2019 in Berlin
Demokratie braucht Auseinandersetzung
Städte sind Orte vielfältiger Interessen. Diesen immer und umfassend gerecht zu werden, ist Ziel und Herausforderung zugleich. Städte sind daher auch gelebte Interessengegensätze. Sie sind Orte von Auseinandersetzungen. Vielfältige Interessen, Ansichten und Meinungen treffen aufeinander. Denn die Menschen, die in den Städten leben sind verschieden. Das kann nur richtig sein, so bleiben Städte lebendig. Die Stadt gehört allen Menschen, die dort leben. Deshalb braucht es Debatte und Streit der Meinungen. Das ist ein zentraler Teil der Demokratie.
Genauso braucht es einen Ausgleich von Interessen. Das Ringen um die richtigen politischen Entscheidungen führt am Ende häufig zu notwendigen Kompromissen. Gelingt das nicht, braucht es politische Entscheidungen. Auch das ist Teil unserer Demokratie. Entscheidend für alle Auseinandersetzungen bleibt: Sie müssen so geführt werden, dass Streit nicht in Feindschaft und Hass mündet. Es müssen Grundregeln der demokratischen Kultur und eines angemessenen Umgangs eingehalten werden, sonst nehmen der Zusammenhalt der Gesellschaft und die Demokratie Schaden.
Die Städte sehen mit großer Sorge, dass Sprache und Stil von politischen Auseinandersetzungen zunehmend verrohen. Die Auseinandersetzungen werden rücksichtsloser und gewaltbereiter, besonders im Internet. Auch kommt es immer öfter zu Gewaltattacken gegen Andersdenkende. Auch Amtsträgerinnen und Amtsträger und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Verwaltungen und Einsatzkräftensind nicht ausgenommen. Es darf nicht sein, dass es besonderen Mut erfordert, sich ehrenamtlich in der Stadtpolitik und für die Stadtgesellschaft zu engagieren. Menschen, die sich in der Kommunalpolitik engagieren und in politische Debatten einbringen, müssen online wie offline einen besonderen Schutz gegen Beleidigungen und üble Nachrede erfahren. Kommunalpolitik braucht Bürgernähe, Empathie und offene Ohren. Die Verantwortlichen in den Städten wollen menschliches Miteinander, sie wollen auch weiterhin auf ihre Bürgerinnen und Bürger zugehen.
Auseinandersetzung in gegenseitigem Respekt
Die Kommunikation ist eine zentrale Herausforderung unserer Zeit und unserer Demokratie. Infor-mation, Austausch und politischer Diskurs im Internet sind fester Bestandteilunseres Miteinanders geworden. Diskurs und Debatte brauchen Respekt vor dem Gegenüber. Auch und vor allem im Inter-net dürfen Verunglimpfung, Beleidigungen und Gewalt in der Sprache nicht toleriert werden. Die Städte wollen und werden sich dieser Auseinandersetzung stellen und auch neue Wege und Formate für Diskussion und Austausch finden. So lebt Kommunalpolitik.
Offene Stadtgesellschaften erhalten
Die deutschen Städte treten für Stadtgesellschaften ein, die von Offenheit, Toleranz, gelebter lokaler Demokratie und kultureller Vielfalt geprägt sind. Sie bekennen sich zu ihrer Verantwortung, für eine offene und plurale Gesellschaft einzustehen. Diese Haltung ist Maßgabe und Maßstab von Kommu-nalpolitik. Menschenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus sind entschieden abzulehnen. Für sie kann es kein Verständnis und keine Rechtfertigung geben. Extreme Haltungen und Handlungen müssen auf allen Ebenen bekämpft werden. Toleranz, Demokratie und Menschenwürde als zentrale Werte unseres Gemeinwesens sind zustärken. Dies ist eine dauerhafte gesamtgesellschaftliche Aufgabe, an der die Städte aktiv mitwirken. Demokratische Werte zu leben und immer wieder zu beleben, ist aber vor allem ein Prozess. Viele Räte haben als deutliches Zeichen Resolutionen für demokratische, offene und tolerante Städte gefasst.
Allianzen und Bündnisse stärken
Viele Städte beteiligen sich gemeinsam mit gesellschaftlichen Organisationen an „Bündnissen gegen Rechts“ oder initiieren diese selbst. Allianzen und Bündnisse müssen in der Zivilgesellschaft verankert sein. Begegnungsräume, Teilhabemöglichkeiten und soziale Bindungen können helfen, Intoleranz, Extremismus und Radikalisierung entgegen zu wirken. Bund, Länder, Kommunen, Stiftungen, Kirchen und Religionsgemeinschaften, Verbände und gesellschaftliche Gruppen müssen gemeinsam dafür eintreten. Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zu verhindern und zu bekämpfen. Es braucht gemein-same Strategien, die die Schulen, Bildungs-und Jugendeinrichtungen einbeziehen.
Maßnahmen und Strategien bündeln
Drohungen, Beleidigungen, Hass im Internet und rechtsextreme Gewalt müssen stärker bekämpft werden. Die Städte unterstützen das von der Bundesregierung beschlossene Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Denn Gewalt und Hetze müssen im Netz wie in der Gesellschaft geächtet und mit Nachdruck verfolgt werden. Intensivere Strafverfolgung, Cyber-Ermittler und Schwerpunktstaatsanwaltschaften sind erste richtige Schritte.
Wirksame Maßnahmen und Strategien gegen Extremismus und menschenfeindliche Tendenzen brauchen langfristiges Engagement. Viele Städte sind Vorreiter. Sie schaffen Anlaufstellen für Infor-mation, Beratung und Vernetzung und bündeln kommunale Aktivitäten. Sie initiieren und fördern Präventionsarbeit in Schulen und Jugendeinrichtungen. Die Städte benötigen dafür die Unterstützung von Bund und Ländern. Erfolgreiche Programme wie „Demokratie leben“ müssen intensiviert und nachhaltig finanziert werden.
Wir brauchen eine gesamtgesellschaftliche Debatte über die Verantwortung eines jeden Einzelnen für die Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Je mehr Menschen sich zu Demokratie, Toleranz und Menschenwürde bekennen, desto mehr stärkt das auch in politisch schwierigen Zeiten unsere Gesellschaft und unser Land. Unsere Demokratie und die damit verbundenen Werte des Grundgesetzes sind die bedeutendsten Errungenschaften der Bundesrepublik Deutschland. Sie gilt es zu stärken und – wo nötig – zu verteidigen.
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